Wuppertaler Ausgabestellen weiten ihre Kooperation aus

Blick auf den Herbst mit gemischten Gefühlen

25.08.2022

Peter Vorsteher von der Tafel sowie Heidi Kleiner und Thomas Bartsch, beide Diakonie (v.l.n.r). | Foto: Stefan Fries.

Dieser Artikel ist am 23.08.2022 in der Westdeutschen Zeitung veröffentlicht worden. Hier im Wortlaut zitiert.

Immer mehr Menschen sind auf Unterstützung angewiesen –​ die Wuppertaler Tafel und Diakonie wollen ihnen helfen.

Die Gaspreise steigen – wie weit, vermag derzeit niemand mit Sicherheit zu sagen. Auch die Lebensmittel werden immer teurer. Für viele Menschen bedeutet das, dass sich ihre finanzielle Zwangslage stetig verschärft. Insbesondere für die Menschen ohne Einkommen, die schon jetzt durch die Wuppertaler Tafel unterstützt werden. „Durch die Preissteigerungen, die im Herbst und Winter auf uns zukommen, werden noch weitere Menschen auf die Tafel angewiesen sein“, befürchtet Peter Vorsteher, Vorsitzender der Wuppertaler Tafel. „Das wird auch Selbstverdiener treffen, deren Einkommen dann nicht mehr ausreichen werden“, ergänzt Thomas Bartsch, Geschäftsführer der Diakonie Wuppertal.

Dass die Not der Menschen in Wuppertal stetig steigt, zeigt sich insbesondere auch an den Auslastungen der örtlichen Tafeln, die „den dramatisch wachsenden Bedarf der Bedürftigen täglich auffangen müssen“, wie die Diakonie in einer Pressemitteilung erklärt. Insbesondere in Barmen bei der Tafel an der Straße Kleiner Werth werden die Schlangen bei der Ausgabestelle immer länger. Um den Standort zu entlasten, weiten die Wuppertaler Tafel und die Diakonie ihre bereits seit dem März 2020 bestehende Kooperation aus. In deren Rahmen unterstützt die Diakonie die Arbeit der Tafel in den Ausgabestellen Elberfeld (Friedrichstraße 1, Diakoniekirche) und Vohwinkel (Untergeschoss Rathaus).

„Diakonie und Wuppertaler Tafel vollziehen hier einen Schulterschluss – und zwar ohne zeitliche Begrenzung“, betont Bartsch. „Die sozialen Träger sind in der Pflicht, sich zu engagieren.“ Durch die Zusammenarbeit mit der Diakonie komme es „zu einer deutlichen Entlastung der Tafel am Barmer Standort“, ergänzt Vorsteher. Um zu verdeutlichen, wie stark die Belastung dort geworden ist, verweist der Vorsitzende der Tafel auf die wachsende Zahl der Menschen, die seit Jahresbeginn zu den Ausgabestellen kommen. So wuchs die Zahl beim Frühstück zum Mitnehmen von 1136 im Januar auf aktuell 1770 im Monat, beim Mittagessen zum Mitnehmen von 2127 im Januar auf derzeit 5461. Beim Sozialmobil der Tafel, das an 365 Tagen im Jahr Nahrungsmittel an Bedürftige an vier Brennpunkten in Wuppertal verteilt, verdoppelte sich die Zahl fast: von 3796 auf 7440 Personen.

Eine Belastung ist die stetig wachsende Zahl der Kunden nicht nur für die ehrenamtlichen Helfer der Tafel in den Ausgabestellen, sondern auch für die betroffenen Menschen selbst. „In den Schlangen geht es teilweise sehr emotional zu“, berichtet Peter Vorsteher, der im täglichen Austausch mit den Ausgabestellen ist. So befürchten insbesondere die Menschen, die weit hinten in der Schlange stehen, dass sie nichts mehr bekommen. Aber auch für die Mitarbeiter sei es eine Belastung, wenn sie nach draußen schauen und sehen, wie viele Menschen noch warten, während die Vorräte immer weniger werden, so Vorsteher. Eine weitere Herausforderung ist die Ukraine-Krise, da auch viele Geflüchtete zur Tafel kommen und auf sie angewiesen sind. Die Ausgabestellen in Elberfeld und Vohwinkel, die in Kooperation von Tafel Wuppertal und Diakonie betrieben werden, sind von montags bis freitags von 12 bis 14 Uhr geöffnet. Die bezugsberechtigten Menschen können sich dort alle 14 Tage einmal mit Lebensmitteln versorgen. Im Gegensatz zu anderen Standorten der Tafel, wo beispielsweise auch günstige Möbel erhältlich sind, gibt es in Vohwinkel und Elberfeld bislang nur Lebensmittel. Benötigt wird ein Tafelausweis.

Während andere Tafeln in Deutschland sich für einen Aufnahmestopp entschieden haben, beschreitet die Wuppertaler Tafel entschieden einen anderen Weg. „Wir haben uns für einen 14-tägigen Rhythmus entschieden.“ Das heißt, dass die Menschen, die über den notwendigen Tafelausweis verfügen, nur noch alle 14 Tage zur Abgabestelle kommen können, statt einmal in der Woche. Den Tafelausweis bekommen diejenigen, die vom Sozialamt, Integrationsamt oder dem Jobcenter betreut werden.

„Wir werden die Zugangsberechtigung diskutieren müssen, wenn im Herbst und Winter noch mehr Menschen aufgrund der steigenden Preise auf die Tafel angewiesen sein werden“, sagt Thomas Bartsch. Um dieser steigenden Zahl gerecht werden zu können, wollen Tafel und Diakonie das Angebot in Elberfeld und Vohwinkel weiter ausbauen. „Diese beiden Standorte sind aus der Not hervorgegangen“, sagt Heidi Kleiner von der Diakonie, die für die beiden Ausgabestellen verantwortlich ist und diese künftig noch professioneller aufstellen möchte. Sie blickt mit gemischten Gefühlen auf den kommenden Herbst und Winter. „Wir müssen sehen, wie wir das alles noch organisiert bekommen.“ Dennoch bleibt sie optimistisch. „Ich gehe davon aus, dass wir es schon irgendwie hinbekommen.“